|
'Ancestral Heritage' - von Adjei Sowah 2015/16 |
Ich danke Wilfred Amoah Marfo
für die Möglichkeit, hier in seinen neuen schönen Räumen im Stellinger Weg 38f
den Hamburgern einen ghanaischen Künstler
und ein kleines aber feines Kinder-Hilfsprojekt in Ghana, nämlich Baobab, vorstellen zu dürfen.
Ich danke Andrea Spatzek
und Philipp Neubauer, beide
langjährige Schauspieler der ARD-Serie Lindenstraße,
Andrea sogar schon seit Beginn der Serie, also seit 30 Jahren, für ihr Kommen. Sie beide haben
den Weg von Köln nach Hamburg auf sich genommen und wollen mit ihrem Kommen das
Projekt Baobab und damit auch den Maler unterstützen, wofür ich ihnen als Vorsitzende im Namen von "Baobab Children Foundation e.V." sehr
danke.
|
Philipp Neubauer, Bib Buchholz, Willi Marfo, Andrea Spatzek |
I. Warum nun
gerade eine Ausstellung der Bilder im Frachtraum?
An meinem ersten Tag hier nach meinem Umzug nach Hamburg habe ich bei
einem Rundgang durch Eimsbüttel die Hinweistafel vor dem Frachtraum entdeckt,
mit der Aufschrift, dass es dort „Stullen“
zu essen gäbe. Da ich ursprünglich aus Berlin komme und mit dem Spruch „Mama,
wirf mal ne Stulle runter“ in Kreuzberg aufgewachsen bin, hat dieses Wort mein
Herz geöffnet und mich sofort in dieses Café/diese Bar gelockt und eine
Freundschaft konnte beginnen.
|
Frachtraum: Stellinger Weg 38f, Hamburg Eimsbüttel
geöffnet montags bis samstags von 10 - 23 Uhr |
Da ich selber schon einige Monate in Ghana bei Baobab gearbeitet hatte, lag es
nahe, Wilfred bald zu fragen, in welchem Teil Afrikas seine Wurzeln liegen, weil
er mich schon sehr an Ghana erinnert hat – und ich lag richtig.
Als sein Umzug in größere Räume in der Planung
war, kam die Idee auf, dort die Werke eines mir sehr verbundenen ghanaischen Künstlers
ausstellen zu dürfen.
|
Godwin Adjei Sowah, geboren 1978 in Accra/Ghana |
II: Wer ist
dieser Künstler Godwin Adjei Sowah?
Ich habe ihn erstmals 2008 und dann während meines viereinhalb-monatigen
Aufenthalts von Ende 2011 bis Mai 2012 immer wieder bei seiner Arbeit mit
Kindern und Jugendlichen in Ghana bei Baobab
erlebt und schätzen gelernt.
Ich erlaube mir, ihn nur noch Adjei
zu nennen, so wie er mich irgendwann nur noch „Ma“ genannt hat. Adjei ist sein Rufname, er ist 1978 in der
Hauptstadt Accra geboren und aufgewachsen und zugehörig zu der Ethnie Ga, falls das jemand etwas sagt.
|
'Retureding' (2015/16) |
Nach
dem Abitur besuchte von 1995-1998 das Ghanatta
College of Arts in Accra. Dieses Studium schloss er mit einem Preis für den besten Künstler des Jahres
ab. Um als freischaffender Künstler leben zu können, eröffnete er in Accra
einen ganz kleinen Galerie-Shop, in dem er seine Bilder anbietet, sich davor mit
anderen Künstlern trifft und auch Malunterricht gibt.
In seiner Malerei wendet sich Adjei gerne
typisch afrikanischen Motiven zu. Die Menschen in ihrer natürlichen Umgebung
und in ihren alltäglichen Tätigkeiten geben seinen farbigen, bewegten Bildern
ihren Inhalt. Anregen lässt er sich dabei unmittelbar von seiner Umgebung oder
er folgt inneren Bildern, die er versucht sichtbar zu machen. Sein Medium sind
vorwiegend die Acryl-Farben, die er mit Malmesser und Pinsel auf die Leinwand
aufträgt. Wer seine Bilder sieht, fühlt sich unmittelbar in afrikanisches Leben
versetzt.
III. Wie fanden der Künstler und Baobab zusammen?
Edith de Vos, die
Gründerin von Baobab in Ghana, lernte den Maler 2004 in Accra kennen. Sie
unterhielten sich wiederholt über seine Kunst und er erzählte Edith von
Straßenkindern der Hauptstadt, die immer wieder zu ihm kommen und mit denen er ab
und zu malt.
|
'Children Trafficking' - Baobab-Schülerarbeit |
Edith lud ihn ein, in der
Baobab-Schule die dortigen Straßenkinder
zu unterrichten.
Gerade die Weitergabe seines Könnens an Kinder, Jugendliche und
Erwachsene ist diesem ruhigen und besonnenen Künstler ein großes Anliegen. Seit
2006 malt Adjei an der „Baobab Schule für Handwerk und traditionelles
Kunsthandwerk“ als Kunstlehrer mit den Jugendlichen. Er wurde einer der zuverlässigsten Mitarbeiter und
kommt immer in der "Workshop week", der letzten Woche im Monat, zu
Baobab, um mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern zu arbeiten.
IV. Was kann man
sich unter dieser Baobab Schule in Ghana vorstellen?
Im Jahre 2000 hatte die Freiburger Lehrerin Edith de Vos begonnen, eine von einem Einheimischen geleitete Grundschule zu unterstützen.Die Baobab Schule wurde dann von Edith 2005 in
der Zentralregion von Ghana für ältere Kinder gegründet, sie lebt seither in Ghana,
um das Projekt ständig weiterzuentwickeln.
Viele Kinder haben oft jahrelang zu wenig zu essen bekommen, sind in
der staatlichen Grundschule nicht mitgekommen, da sie oft Fehlzeiten hatten,
immer dann, wenn die Eltern die Schulneben-Kosten nicht aufbringen konnten oder
einfach kein Geld für Halbschuhe oder für die Schuluniform da war – und ohne
Halbschuhe und Uniform kein Zutritt in eine staatliche Schule. In Ghana gibt es
kein Sitzenbleiben, aber man wird nicht versetzt, wenn man die Prüfungen am
Ende des Schuljahres nicht schafft. So bleiben diese Kinder einfach in der
untersten Klasse hocken, machen keine Fortschritte, zweifeln an sich, geben auf
und bleiben der Schule ganz fern.
|
'Kinderarbeit' - Schülerin Comfort Arthur |
Andere Kinder haben davor gar keine Schule
von innen gesehen, weil die Eltern sie von klein auf für die Arbeit auf dem
Feld oder für den Verkauf von irgendetwas an der Straße brauchten. Und es gibt
Baobab-Jugendliche, die in den früheren Schulen mit dem Stock so viele Schläge
bekommen haben, dass sie aus Angst weggeblieben sind.
Alle haben Hunger kennen gelernt, manch ein Kind täglich.
Nach solchen Erfahrungen kommen die Kinder mit sehr wenig
Selbstbewusstsein zu Baobab, der volle Bauch, eine praktische Ausbildung
oder die Kunst helfen ihnen, innerlich wieder zu wachsen. Die Baobab
Schule gibt diesen vernachlässigten Kindern Halt und eine Hoffnung auf ein
besseres Leben.
|
'Moscito nets' - Baobab-Schülerarbeit |
Diese einfache Baobab-Internatsschule wird großteils finanziert durch
Patenschaften und Spenden aus Deutschland und ist für die Kinder aus diesen
armen Familien kostenlos. Bei Baobab bekommen sie dreimal am Tag eine warme
Mahlzeit, es gibt sauberes Wasser zu trinken, jeder hat ein eigenes Bett mit
Moskitonetz und genug zum Anziehen.
Sie lernen lesen, schreiben, rechnen, Englisch und bekommen eine
praktische Ausbildung im Handwerk oder – dafür ist dann der Künstler Adjei
zuständig: im Malen als eine Form des Kunsthandwerks.
V. Wie können wir uns den Kunstunterricht bei Adjei
vorstellen?
|
'Music Makers' - Adjei Sowah 2015/16 |
Adjei kommt jeden Monat eine ganze Woche zu Baobab und hält einen
Kunst-Workshop mit all den Jugendlichen ab, die es gerne wollen, die es
vielleicht aufgrund von traumatischen Erfahrungen bitter nötig haben oder die vielleicht
auch begabt sind und selber einmal durch Kunst ihren Lebensunterhalt verdienen
wollen.
Den Kunst-Workshop leitet Adjei Sowah auf eine besondere Art und
Weise, er hat das Händchen und Herz, Kunst als Therapie für benachteiligte
Kinder in Ghana einzusetzen. Er gibt täglich ein Thema vor, lehrt die dazu
passenden Techniken und unterstützt jeden einzelnen kleinen Nachwuchskünstler
mit großer Geduld. Eine Weile ist er auch mit den Jugendlichen raus in die
Natur gegangen und hat jeden an einer Staffelei malen lassen.
Adjei nimmt jedes Kind, das den Wunsch äußert, in den Kunst-Workshop
auf. So habe ich erlebt, wie auch Augustina, eine junge Frau, die als Kind 8
Jahre als vermeintliche Hexe in einen niedrigen Stall zu den Ziegen eingesperrt
war, immer malen durfte.
|
Adjei töpfert 2012 mit seiner Kunstgruppe (links Augustina) |
Natürlich war
sie nicht von einer Hexe besessen, ein
noch weit verbreiteter Irrglaube in Ghana, sie hatte nur Epilepsie, die natürlich in diesen 8 furchtbaren Jahren ohne
medizinische Versorgung schwere Schäden hinterlassen hat und ihr häufiges Zittern
bereiten ihr große Probleme, den Pinsel zu führen.
Das Malen mit Adjei ist etwas ganz Besonderes für die Jugendlichen,
die, bevor sie zu Baobab kamen, noch nie in ihrem Leben einen Buntstift,
geschweige denn einen Pinsel, in der Hand hatten, höchstens einen
Kugelschreiber oder Bleistift. Diese traumatisierten Jugendlichen, die z.T.
noch gar nicht richtig schreiben können, lernen ihre Umgebung wahrzunehmen,
drücken mit dem Pinsel aus, was sie fühlen und ihre Seele heilt, ihr
Selbstbewusstsein baut sich wieder auf, furchtbare Erlebnisse können verarbeitet werden.
Manch ein junger Künstler ist sehr talentiert und die regelmäßige
Arbeit mit dem Künstler Adjei Sowah setzt
verstecktes Potenzial frei. Er hat ein gutes Gespür, wo er unterstützen und
fördern muss und was er von einem jugendlichen Künstler auch fordern kann.
Nicht aufgehängt haben wir Schülerbilder, das hätte hier den Rahmen
gesprengt. Aber ich habe viele Bilder gesehen und auch archiviert. Sie drücken
die Nöte vieler Kinder in Afrika aus. Sie zeigen Teenagerschwangerschaft,
Kinderarbeit, Verkauf von Kindern, Kindersoldaten. Sehr eindrücklich haben die
Schülerinnen und Schüler diese Themen aufgegriffen und bearbeitet.
Gleichzeitig zeigen die Bilder aber auch die andere Seite Afrikas. Die
Jugendlichen malen in Adjeis Workshops das, was sie in der Natur vorfinden, sie
malen ihre Dörfer und die Fischer am Meer, die stolzen Frauen mit gefüllten
Körben auf dem Kopf, fangen dabei die Schönheit Ghanas ein und geben dem
gemalten Alltagsleben einen Wert.
|
'Girls Talking II' - Adjei Sowah 2015/16 |
Während früher viele Kinder aus dem ärmlichen Hinterland Ghanas ihr
eigenes Dorf mit den einfachen Lehmhütten, die ja mit jeder Regenzeit wieder
etwas von ihrer Substanz verlieren, als rückschrittlich
ansahen, öffnet Adjei ihnen durch die Malerei wieder die Augen für die
Schönheit des Landes. Adjei und auch Baobab wollen die Jugendlichen damit auch
davon abhalten, in die Slums der Hauptstadt zu wechseln oder gar in der
Auswanderung in Nachbarländer oder gar nach Europa ihr Glück zu suchen.
VI. Mit dem
Verkauf der Bilder ermöglichen wir einen guten Kunstunterricht
Die Einkünfte durch den Verkauf seiner Bilder und der Durchführung vielfältige
Workshops ermöglichen Adjei und seiner Familie mit drei Kindern von seiner
Kunst zu leben. Der deutsche Verein „Baobab Children Foundation e.V.“ verkauft
in Deutschland seine Bilder mit einem etwas angehobenen Preis, dieser
zusätzliche Betrag kommt vollständig dem Unterhalt der Baobab Schule samt dem
dortigen Kunstunterricht zugute. Adjei lässt seine Schüler und Schülerinnen bei
Baobab immer nur mit gutem Material, also auf gutem Papier und mit Acrylfarbe,
malen. Auch wenn manchmal das Geld bei Baobab in Ghana knapp ist, so kann er
das ruhig verlangen, denn durch den Verkauf seiner Bilder in Deutschland kommt
genug Geld herein, das dann auch in einen guten Kunstunterricht fließen darf.
Alle hier abgedruckten mit Acryl gemalten Werke sind verkäuflich. Sie hängen zur Zeit im Frachtraum in Hamburg:
|
'Love Whisper' - Adjei Sowah 2015/16 |
Ich leite hier von Hamburg aus als 1. Vorsitzende den dt.
Verein und bin sehr dran interessiert, weitere Mitstreiter und Unterstützer
in Hamburg zu finden. Natürlich freuen wir uns auch, wenn wir Adjei hier in Hamburg
bekannt machen können und auch einige seiner Bilder einen neuen Besitzer
finden.
Nun
haben wir Adjei in diesem Jahr nach Deutschland eingeladen. Die notwendigen
Papiere sind bei der Dt. Botschaft in
Accra eingereicht worden und die Flugtickets sind gekauft. Wenn die Dt.
Botschaft keine Probleme macht, dann wird Adjei von Mitte Juni bis Mitte August
bei uns in Deutschland sein.
Es ist bisher nicht geplant, dass er auch in den Norden kommt, aber falls er zu einem Kurs, zu einer Ausstellung oder etwas
Ähnlichem eingeladen wird, zwischen dem 14. und 31.7. wäre das möglich.
Ansonsten
ist er vom 8.-10. Juli auf dem „Afrika
Festival“ in Stuttgart, dort gibt es auch eine Ausstellung mit seinen Bildern,
anschließend gibt er einen Kurs in Gerlingen in der Nähe von Stuttgart.
Anfang
August ist er in Emmendingen beim "Afrika
Festival" dabei.